Viele Unternehmen setzen auf ihrem Weg zu mehr Agilität auf Arbeitsplätze im Homeoffice. Die Vorteile: Unabhängigkeit und eine freiere Zeiteinteilung. Der Abstand von Firma und Kollegen kann aber auch ein Gefühl von Isolation und Vereinsamung hervorrufen. Mitarbeiter, die regelmäßig auf Geschäftsreisen sind und unterwegs arbeiten, empfinden ähnlich. Diese Arbeitssituation birgt die Gefahr, sich von den Kollegen zu entfremden und den persönlichen Kontakt zum Vorgesetzten zu verlieren. Das wiederum zieht nach sich, dass Mitarbeiter weniger Unterstützung und Anleitung durch den Vorgesetzten erfahren (13). Arbeitnehmer glauben, sie könnten beim Arbeiten von zuhause Beruf und Familie besser in Einklang bringen. Es zeigt sich aber, dass Mitarbeiter, die regelmäßig zu Hause arbeiten, vom Karriereradar der Vorgesetzten
verschwinden. Sie erfüllen zwar den Wunsch nach Heimarbeit, nehmen diesen Wunsch aber gleichzeitig als Absage an die Karriere wahr. Dieser Effekt zeigt sich bereits, wenn Mitarbeiter nur einen Tag in der Woche von zu Hause arbeiten. Noch immer werden vor allem jene mit attraktiven Projekten, Weiterbildungen und Karrierechancen bedacht, die für Vorgesetzte sichtbar sind. Wichtiges Feedback und verbindlichen Absprachen mit dem Vorgesetzten sowie dem Rest des Teams fehlen denen, die von zuhause arbeiten (14). Freiwillige Sozialleistungen wie ein gestütztes Mitarbeiter-Restaurant, die Versorgung mit kostenfreien Getränken und Kaffee oder einfach die Nutzung von neuen
Arbeitswelten fallen ebenfalls weg. Der amerikanische Technologiekonzern IBM, der jahrelang die Heimarbeit propagiert hatte, forderte zuletzt seine Beschäftigten auf, zurück in die Bürogebäude des Unternehmens zu kommen. Der Sinneswandel bedeutet
eine Revolution für die Unternehmenskultur. Bei IBM arbeiteten zeitweise 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause (15). Nicht von der Hand zu weisen ist, dass auch bei Einsatz von modernster Kommunikationstechnologie zur Verlinkung von Mitarbeitern im Homeoffice, gruppendynamische Effekte wie bei einem Brainstorming nicht erzielt werden können. Somit ist die Frage berechtigt, ob das klassische, vielleicht etwas altmodisch anmutende Meeting nicht doch unter Umständen effizienter ist als jede Videokonferenz. Gerade agiles Arbeiten erfordert regelmäßige Zusammenkünfte und
kurzfristige Absprachen. Diese lassen sich nicht immer digital durchführen. Es scheint also ein Umdenken in den Unternehmen stattzufinden.
Agilität – Arbeitswelten III
13 vgl. Anka Hansen auf Xing Forum Home Office / Dr. Gregor Wittke – Experte für das Thema Stressabbau (am Arbeitsplatz) vom 04.07.2011 / http://www.experto.de/b2b/organisation/stressabbau/stress-durch-isolation-beim-arbeiten-von-zu-hause-aus-vermeiden.html
14 vgl. Zeit online, Artikel „Vorteile und Tücken der Telearbeit“ von Tina Groll, 28.05.2015
15 vgl. FAZ online, Artikel „Schluss mit Homeoffice – IBM holt die Mitarbeiter zurück ins Büro“ von Winand von Petersdorff / Washington, 19.05.2017