Michael Freitag, Country President und Geschäftsführer Sodexo Österreich, im Interview zum Thema „Neues Arbeiten“ in mittelständischen Betrieben.
Herr Freitag, ist der Megatrend „Neues Arbeiten“ nur etwas für große Konzerne?
Nein, schon per Definition nicht. Ein Megatrend ist eine tiefgreifende Entwicklung, die Einfluss auf alle Bereiche der Gesellschaft hat. Also natürlich auch auf mittelständische Betriebe und Kleinunternehmen. Das gilt auch für alle anderen Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung oder Mobilität. Und wie sieht dieser Einfluss konkret aus? Alle Unternehmen befinden sich im Wettbewerb um Fachkräfte und junge Talente. Wenn man sich heute auf einschlägigen Arbeitgeber-Portalen im Internet umsieht und die Bewertungen von Unternehmen liest fällt auf, wie oft das räumliche Arbeitsumfeld und Serviceleistungen als Bewertungskriterium genannt wird. Ein aktuelles Beispiel aus einem meiner letzten Bewerbungsgespräche mit einem jungen Talent aus dem Waldviertel. Der junge Mann würde viel lieber in der Nähe seiner Heimatgemeinde arbeiten und hat sich auch bei einigen Unternehmen vorgestellt. Obwohl viele dieser Unternehmen technisch zu den Marktführern gehören bieten diese kein zeitgemäßes Arbeitsumfeld. Das hat den Bewerber abgeschreckt, jetzt nimmt er lieber die lange Pendelzeit in Kauf um für ein Unternehmen zu arbeiten, dass den Trend erkannt und entsprechend gehandelt hat.
Was konkret bedeutet für Sie ein attraktives Arbeitsumfeld?
Es ist die Mischung aus verschiedenen Aktivitäten und Bereichen. Raum, Ambiente & Möbel und Serviceleistungen sind sicherlich die wichtigsten, wenn es um den Arbeitsplatz geht. Inhalte der Arbeit, Führungsstil, Teamarbeit und Wertschätzung, wenn es um das Arbeitsklima geht.
Bleiben wir beim Arbeitsplatz. Raum, Ambiente & Möbel ist klar, was ist mit Serviceleistungen gemeint?
Raumdesign, die Möbel und das Ambiente unterstützen Arbeitsprozesse. Nehmen wir als Beispiel ein Arbeitsumfeld, das auf dem Prinzip des Activity-Based-Working basiert. Die unterschiedlichen Zonen sind auf die Anforderungen des jeweiligen Arbeitsprozesses abgestimmt, dem entsprechend auch die Arbeitsmöbel. Das Ambiente in einem Kreativbereich wird verspielter sein als in einem Bereich, der für konzentriertes Arbeiten konzipiert ist. Um aber ein Arbeitsplatz-Erlebnis zu schaffen benötigt es verschiedene Dienstleistungen. Sehr viele davon werden durch das Facility Management gesteuert, wie z.B. das richtige Raumklima oder die Hygiene am Arbeitsplatz. Dann gibt es aber auch noch Dienstleistungen die einen besonderen sozialen Aspekt darstellen. Der Empfangsdienst, eine Kaffeebar mit Barista-Kaffee oder ein modernes Mitarbeiter-Restaurant zum Beispiel.
Spielt Gastronomie wirklich so eine große Rolle?
Und ob, besonders in Österreich. Das hat verschiedene Gründe. Ernährung ist Teil des individuellen persönlichen Lebensstiles geworden. Da wir alle einen Großteil unserer Lebenszeit mit Arbeit verbringen ist es nur logisch, dass dieser Aspekt auch im Arbeitsleben eine erhebliche Rolle spielt. Essen ist zu einem ganz großen Thema in der öffentlichen Diskussion geworden. Schauen Sie sich doch einmal auf Pinterest um. Wahrscheinlich 80 % der Bilder beschäftigen sich mit dem Thema Essen. Einen ähnlichen Trend erleben wir gerade rund um den Kaffee. Deshalb spielt die Gastronomie im Arbeitsumfeld so eine wichtige Rolle, wobei wir nicht von Kantinen sprechen. Da sind die Anforderungen von MitarbeiterInnen heute meilenweit entfernt davon. Wir sprechen heute von Mitarbeiter-Restaurants die in ihrem Angebot auf unterschiedliche Nutzergruppen eingehen und großen Wert auf Angebotspräsentation und Sortimentsauswahl legen.
Haben sich auch räumlich die Anforderungen geändert?
Absolut, das Mitarbeiter-Restaurant wird immer mehr zum multifunktionalen Begegnungsraum und Co-Working-Space. Das hat einen doppelten Nutzen. Es erfüllt die Erwartungen der Nutzergruppen und führt gleichzeitig zu einer Optimierung der Fläche und manchmal sogar zu Einsparungsmöglichkeiten. Das ist ein Potential, das von KMUs derzeit noch viel zu wenig genutzt wird.
Welches Einsparungspotential sehen Sie?
Gerade die neuen agilen Arbeitsprozesse erfordern es, dass sich Projektteams mit einander abstimmen. Oft sind das nur kurze Meetings, es braucht aber einen passenden Raum dazu und Meetingräume sind häufig Mangelware. Anstatt jetzt aber neue Besprechungsräume zu bauen und damit die Mietkosten zu erhöhen wäre eine Option, das Mitarbeiter-Restraunt wie vorhin erwähnt umzugestalten und mehr aus der Fläche zu holen. Geschickt gemacht, führt das sogar zu einem dreifachen Nutzen: Platz optimiert und dadurch Mietkosten gespart, Kommunikation gefördert, Mitarbeiter-Restaurant attraktiver gemacht.
Gibt es dafür entsprechende Konzepte?
Ja, allerdings sei vorausgeschickt: Kein Unternehmen gleicht dem anderen. Wir haben Konzeptansätze, diese müssen aber immer auf die Bedürfnisse und Anforderungen des einzelnen Unternehmens und den darin vertretenen Nutzergruppen abgestimmt werden.
Was soll nun ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens tun, der sich mit dieser Thematik beschäftigt?
Erst einmal das Gespräch suchen und alle Möglichkeiten beleuchten. Wir bieten beispielsweise eine erste Nutzergruppen-Analyse an. Diese ist kostenfrei und unverbindlich, sagt aber schon sehr viele über die Bedürfnisse vor Ort aus. Dann kann man immer noch entscheiden, ob man z.B. eine vertiefende Analyse oder einen ersten Design Thinking Workshop machen will.